Scharfe Reiter by Tilman Janus

Scharfe Reiter by Tilman Janus

Autor:Tilman Janus
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
Herausgeber: Bruno Gmünder
veröffentlicht: 2012-10-25T00:00:00+00:00


Gegen Mittag brachte Rallmeyer etwas Essenähnliches. Es roch einfach grässlich.

'Ich zahle eine Menge Steuern! Da kann ich doch wenigstens ein vernünftiges Essen erwarten, wenn ich auf Staatsbefehl einsitze!', fauchte ich Rallmeyer an.

'Sie sitzen nicht ein!', gab er schnippisch zurück. 'Noch nicht!'

'Wollen Sie damit sagen, dass das Essen sogar im Gefängnis besser ist? Ich werde mich höheren Orts beschweren!'

'Wenn Sie dazu noch kommen!'

Ich packte ihn an den Schultern. Er war schmächtig und klein und schielte mich erschrocken von unten an.

'Lassen Sie mich los!', zischte er.

Etwas war in seinem Gesicht, das mich stutzig machte. Er hätte sich viel mehr wehren müssen! Verächtlich stieß ich ihn zum Ausgang.

Später kam der Anwalt noch einmal.

'Sie haben richtig vermutet, Herr Canyon! Der Klavierstimmer ist dem Fräulein Linda Ewert bekannt. Sie spielt selbst und hat zufällig denselben Klavierstimmer wie Ihr Freund Jonathan Greve.'

'So zufällig ist das sicher nicht in einer kleinen Stadt, sehr viele Klavierstimmer wird es in Weinheim nicht geben.'

'Richtig! Doch in unserem Fall gibt es noch eine pikante Kleinigkeit: Der Klavierstimmer ist mit Fräulein Ewert verwandt! Kein Wunder also, dass sich beide einig sind. Wenn von Ihrer Seite und von Ihren Freunden nichts Unüberlegtes gesagt wird, ist die Anschuldigung nicht zu halten. Ich beantrage auf jeden Fall Ihre sofortige Freilassung. Es kann allerdings bis morgen dauern.'

'Ich hoffe, dass es überhaupt wird! Haben Sie mit Florentin gesprochen?'

Der Anwalt schmunzelte. 'Ich habe eine fabelhafte Frau, die sehr charmant ist. Sie kann viel herausbekommen, wo ich offiziell gar nicht in Erscheinung treten darf.'

'Ich bin überglücklich, dass Sie meinen Fall übernommen haben!'

Spät am Abend wurde ich wieder zum Oberinspektor geholt.

'Fräulein Sylvia Zendler hat versichert, dass sie mit Herrn Harms ein Verhältnis hat', sagte Pock.

'Das habe ich Ihnen doch selbst gesagt.'

'Aber es ändert gar nichts. Herr Florentin Harms hat vorhin zugegeben, dass er auch mit Ihnen ein Verhältnis hatte!'

Ich lachte. 'Ich wusste nicht, dass die Kriminalpolizei so schamlos lügt! Wie kann er etwas zugeben, das gar nicht Tatsache ist?'

Pock sah mich kalt an. 'Wir haben außerdem die Aussage eines Ihrer Angestellten, dass zwischen Ihnen und Herrn Harms eine sexuelle Beziehung bestand.'

'Warum sollte einer meiner Angestellten so einen Unsinn behaupten?'

Der lehmfarbene Schwulenhasser rollte auf seinem Stuhl etwas zurück. 'Vielleicht ... Eifersucht?', sagte er in einem lauernden Ton.

Ich versuchte, tiefe Verachtung in meinen Blick zu legen. 'Ihre Methoden sind unglaublich, Herr Oberinspektor! Aber wo nichts vorgefallen ist, gibt es auch nichts zu gestehen. Verschonen Sie mich mit Ihren Spekulationen!'

Pock setzte sein Bombardement noch eine Stunde lang fort. Ich merkte, dass er jeden meiner Freunde und sämtliche Mitarbeiter hatte befragen lassen, doch ich blieb ruhig und verwickelte mich in keinen einzigen Widerspruch.

Schließlich meinte Pock mit der typischen Überheblichkeit dessen, der fürchtet, dass er verliert: 'Morgen werden Sie dem Haftrichter vorgeführt!'

'Der wird auch nichts anderes herausfinden', entgegnete ich.

Die Nacht musste ich in der primitiven Zelle verbringen. Rallmeyer hatte mir etwas zum Abendbrot gebracht, aber ich hatte keinen Appetit. Es



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